Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG),
Florian Köbler, wirft der Bundesregierung vor, Gesetze „für
kurzfristige Umverteilungszwecke“ zu missbrauchen.
In einem Interview mit der Zeitung „Welt am Sonntag“ übte Köbler
am 08.01.2023 scharfe Kritik an der Steuerpolitik der
Bundesregierung in Zusammenhang mit den Entlastungspaketen: „Es
ist erschreckend, auf welch unverantwortliche Weise die Politik ins
Steuerrecht eingreift, nur weil sie nicht weiß, wie sie den von ihr
gewünschten sozialen Ausgleich bei den Staatshilfen sonst
hinbekommen soll!“
Die Besteuerung der Gaspreisbremse hält Köbler für
verfassungswidrig. Denn es handele sich nicht um klassische Einkünfte
des Einkommensteuerrechts. Derartige Steuerideen, die in den
vergangenen Wochen oft vom Bundeswirtschaftsministerium
entwickelt worden seien, passten nicht zur Systematik des
Steuerrechts. Köbler forderte daher, dass die Steuerpolitik künftig
wieder dort gemacht werde, wo die Steuerexperten arbeiteten: im
Bundesfinanzministerium.
Auch den Vorschlag des Sachverständigenrats der Bundesregierung,
den Spitzensteuersatz zu erhöhen, lehnte Köbler ab: „Wer
Steuergesetze für kurzfristige Umverteilungszwecke missbraucht,
muss sich nicht wundern, wenn die Bereitschaft schwindet, überhaupt
Steuern zu zahlen“, warnte er.
Angesichts des erwarteten Fachkräftemangels in der
Steuerverwaltung forderte Köbler eine Vereinfachung der Gesetze:
„Ich gehe davon aus, dass bis zum Jahr 2030 rund 40.000 der aktuell
120.000 Stellen in den Finanzämtern aus Altersgründen neu besetzt
werden müssen. Woher die Menschen kommen sollen, ist mir ein
Rätsel.“ Daher führe kein Weg daran vorbei, mehr Steuererklärungen
automatisiert zu bearbeiten. „Dafür müssen wir nicht nur sehr viel
mehr Geld in die Digitalisierung und in künstliche Intelligenz stecken,
wir brauchen auch ein einfacheres Steuerrecht“, sagte Köbler. Würden
beispielsweise Pauschalen für Werbungskosten und der
Sparer-Pauschbetrag deutlich erhöht, entfielen die aufwendigen
Einzelnachweise. Köblers Vision: „Wir sollten dahin kommen, dass
normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich keine
Einkommensteuererklärung mehr machen müssen.“
Deutsche Steuer-Gewerkschaft