Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Unternehmenszersplitterung

Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne von §
1 Absatz 1a Umsatzsteuergesetz (UStG) liegt nicht vor, wenn ein zuvor
von einem Unternehmer betriebenes Unternehmen aufgeteilt und an eine
Vielzahl von Erwerbern veräußert wird. Dies hat das Finanzgericht
(FG) Schleswig-Holstein entschieden.

Die Klägerin betrieb in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG auf von ihr
gepachteten Flächen einen Solarpark. Den von ihr produzierten Solarstrom
speiste sie auf der Grundlage eines von ihr mit einer Netzbetreiberin
und einer Direktvermarkterin geschlossenen Netzanschluss- und
Einspeisevertrages in das öffentliche Netz ein und erhielt dafür die tarifliche
Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz.

2014 veräußerte die Klägerin die Photovoltaikanlage jeweils zu einem
Teil an insgesamt zehn Kommanditgesellschaften. Die zur Stromeinspeisung
erforderliche zentrale Infrastruktur verbleib bei der Klägerin und
wurde den Erwerberinnen jeweils zur Nutzung überlassen. Fortan erfolgte
die Stromproduktion durch die einzelnen Erwerberinnen, deren
Produktionskapazitäten – je nach Größe des übernommenen Anlagenteils
– zwischen 8,5 und 12,5 Prozent der vormaligen Gesamtkapazität
der Klägerin erreichten.

Die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der
Netzbetreiberin/Direktvermarkterin blieben unverändert. Im Innenverhältnis
zu den Erwerberinnen wurde mit jeweils geschlossenen Einspeise-
und Abrechnungsverträgen vereinbart, dass die Erwerberinnen den
gesamten produzierten Strom an die Klägerin zu liefern hatten. Diese
hatte den Strom abzunehmen, ihn auf der Grundlage des von ihr geschlossenen
Netzanschluss- und Einspeisevertrages in das Netz der
Netzbetreiberin einzuspeisen, das Entgelt zu vereinnahmen und anschließend
gegenüber den Erwerberinnen nach den von diesen produzierten
Strommengen abzurechnen und auszuzahlen.

Die Klägerin meint, dass es sich bei den Veräußerungen um so genannte
Geschäftsveräußerungen im Ganzen gehandelt habe, die gemäß § 1 Absatz
1a UStG nicht steuerbar seien.
Dem ist das FG nicht gefolgt. Eine Mehrzahl von Erwerbern sei zwar
nicht zwingend schädlich. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 1 Absatz
1a UStG vorlägen, sei aber bezogen auf jede umsatzsteuerliche
Leistungsbeziehung zu prüfen – also für jeden Erwerber gesondert, ohne
die weiteren Leistungsbeziehungen zu berücksichtigen.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das FG bezogen auf jedes der
zehn Veräußerungsgeschäfte verneint. Es hat dabei maßgeblich darauf
abgestellt, dass angesichts der Vielzahl der (zehn) Erwerberinnen – und
der damit einhergehenden Aufteilung insbesondere der zuvor allein von
der Veräußerin ausgeübten Produktionstätigkeit – die erforderliche Vergleichbarkeit
der Tätigkeiten der einzelnen Erwerberinnen mit derjenigen
der Veräußerin nicht gegeben sei. Die mangelnde Vergleichbarkeit
hat das FG vor allem mit dem eklatanten Unterschied betreffend die
Produktionskapazitäten begründet. Diese seien prägend für die jeweils
ausgeübten Tätigkeiten und die einzelnen Erwerber seien lediglich in der
Lage gewesen, zwischen 8,5 und 12,5 Prozent der Kapazität der Veräußerin
zu leisten. Auf Fälle solcher „Unternehmenszersplitterungen“ sei §
1 Absatz 1 a UStG nicht anwendbar, seinem Sinn und Zweck liefe das sogar
zuwider.

Das gegen das Urteil angestrengte Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof
unter dem Aktenzeichen XI R 12/24 anhängig

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.03.2024, 4 K 75/23, nicht
rechtskräftig

Termin vereinbaren

Montag – Donnerstag
8 -12 und 13 – 17 Uhr
Freitag 8 – 12 Uhr