Das Finanzgericht (FG) Köln hat am 19.09.2024 entschieden, dass die
neue Grundsteuerbewertung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
ist. Jetzt hat es die Urteilsgründe veröffentlicht.
In dem Verfahren ging es erstmals um die Bewertung einer Immobilie
für die neue Grundsteuer in Nordrhein-Westfalen. Die Klage richtete
sich gegen einen Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts
zum 01.01.2022 nach dem Bundesmodell. Die neue Bewertung war notwendig
geworden, weil das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Jahr
2018 die bisher geltende Bewertung für die Grundsteuer (so genannte
Einheitsbewertung zum 01.01.1935 beziehungsweise 01.01.1964) für
verfassungswidrig erklärt hatte und der Gesetzgeber aufgefordert war,
ein neues Bewertungsverfahren zu schaffen.
Gegenstand der Bewertung ist eine Eigentumswohnung. Bei der Berechnung
des Grundsteuerwerts wurde unter anderem ein Bodenrichtwert
von 2.280 Euro angesetzt. Die Kläger halten die neue Bewertung nach
dem Bundesmodell für verfassungswidrig. Der Grundsteuermessbetrag
habe sich wesentlich erhöht. Zudem sei bei einer weiteren in ihrem Eigentum
stehenden Eigentumswohnung, die sich unweit entfernt in einer
– nach Ansicht der Kläger – besseren Ortslage befinde, ein weitaus niedrigerer
Bodenrichtwert von 530 Euro angesetzt worden.
Das FG Köln hat die Klage abgewiesen. Der festgestellte Wert entspreche
den Vorgaben der neuen Wertermittlungsvorschriften nach dem Bewertungsgesetz.
Das neue Bewertungsrecht zur Neufestsetzung der Grundsteuer
begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Ziel der Bewertung sei ein „objektiviert-realer Grundsteuerwert“ innerhalb
eines Korridors von gemeinen Werten (Verkehrswerten).
Das BVerfG habe in seinen Entscheidungen zur Verfassungswidrigkeit
der alten Einheitsbewertung betont, dass der Gesetzgeber gerade in
Masseverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum
verfüge. Die bisherigen Bewertungsvorschriften seien nicht
wegen einer zu typisierenden Wertermittlung verworfen worden, sondern
vor allem deshalb, weil der Gesetzgeber jahrzehntelang auf neue
Hauptfeststellungen verzichtet habe. Nunmehr sei mit Blick auf die rund
36 Millionen erforderlichen Neubewertungen von Grundstücken ein
möglichst einfaches, automationsfreundliches Verfahren gewählt worden.
Dies bedinge – auch und gerade im Hinblick auf das Ziel einer künftig
automatisierten Immobilienbewertung ohne die erneute Vorlage manuell
auszufüllender Steuererklärungen – eine gewisse Standardisierung.
Die Heranziehung von Bodenrichtwerten zur Ermittlung des Bodenwerts
habe sich steuerrechtlich seit vielen Jahren sowohl im Rahmen der so
genannten Bedarfsbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer
sowie der Grunderwerbsteuer als auch im Zuge ertragsteuerlicher
Wertermittlungsanlässe, wie zum Beispiel der Kaufpreisaufteilung,
bewährt. Die Bodenrichtwerte würden darüber hinaus auch im
Rahmen von Verkehrsermittlungen von Grundstücken herangezogen.
Hinzu komme, dass von einer gleichwertigen oder gar besseren Lage
der von den Klägern zum Vergleich herangezogenen Eigentumswohnung
nicht die Rede sein könne. Diese Wohnung liege in einer als
„Gewerbe/Industrie/Sondergebiet“ ausgewiesenen Zone in der Nähe einer
Bahntrasse, während sich die zu bewertende Eigentumswohnung in
einer gefragten Wohnlage befinde. Im Streitfall sei zudem weder das
Übermaßverbot verletzt noch liege ein „Typisierungsausreißer“ vor. Der
nordrhein-westfälische Gesetzgeber habe zwar inzwischen den Nachweis
des niedrigeren Verkehrswerts in bestimmten Fällen zugelassen. Allerdings
erreiche der zum 01.01.2022 festgestellte und von den Klägern
angegriffene Grundsteuerwert nur etwa 66 Prozent des von den Klägern
zweieinhalb Jahre vor dem Bewertungsstichtag in 2019 gezahlten Kaufpreises.
Soweit die Kläger sich mit ihrer Klage letztlich für eine vollständige Abschaffung
der Grundsteuer in der bisherigen Form aussprächen, obliege
diese politische Entscheidung allein dem Gesetzgeber.
Abschließend weist das FG Köln darauf hin, dass das Verfahren ein Musterverfahren
für eine Vielzahl derzeit noch bei den Finanzgerichten und
Finanzämtern anhängiger vergleichbarer Streitfälle bildet. Das FG hat
die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 19.09.2024, 4 K 2189/23, nicht rechtskräftig
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