Vorsteuerabzug: Nicht aus Anschaffung eines
Stromspeichers im Zusammenhang mit
Photovoltaikanlage
Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines Stromspeichers ist
eigenständig und unabhängig davon zu prüfen, ob ein
Batteriespeichersystem zugleich oder nachträglich mit der
Photovoltaikanlage angeschafft und in Betrieb genommen worden
ist. Umsatzsteuerlich zählt ein Stromspeicher nicht zu den für den
Betrieb einer Photovoltaik-Anlage wesentlichen Komponenten und
berechtigt daher nicht zum Vorsteuerabzug. Dies stellt das
Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg klar.
Die Klägerin ist eine aus einem Ehepaar bestehende Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR), die bereits seit 2013 eine
Aufdach-Solaranlage betreibt. Die GbR plante in 2016 eine weitere
Photovoltaikanlage mit Batteriespeichersystem auf der Nordseite
des Daches. Diese Komplettanlage sollte mit einem Programm
finanziert werden, das vor Abschluss der Verträge im Jahr 2016
eingestellt wurde. Auf Vorschlag der finanzierenden Banken wurde
daher zunächst die Photovoltaikanlage erworben und aufgebaut und
der Erwerb des Speichersystems auf das Jahr 2017 verschoben, um
die Fördermittel zu erhalten.
Nach Lieferverzögerungen wurde das Speichersystem im
Frühsommer 2017 in Betrieb genommen. Das
Batteriespeichersystem dient der Speicherung des durch die
Solaranlage erzeugten Stromes, der ausschließlich für die private
Versorgung der Gesellschafter der Klägerin verwendet wird. Das
beklagte Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug für das
Speichersystem ab. Die Stromspeicher seien nachträglich
angeschafft worden, dienten der privaten Stromversorgung und
könnten daher nicht dem Unternehmen zugeordnet werden.
Eine Ausnahme komme nur bei gleichzeitiger Anschaffung von
Photovoltaikanlage und Stromspeicher in Betracht.
Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab. Der Klägerin stehe kein
Vorsteuerabzug aus den Rechnungen für das Batteriespeichersystem
zu, weil dieses nicht für Zwecke der besteuerten Umsätze der Klägerin
erfolgen sollte, sondern ausschließlich den privaten Belangen ihrer
Gesellschafter diene. Der in den Batterien gespeicherte Strom werde
ausschließlich für den privaten Verbrauch der Gesellschafter der
Klägerin verwendet. Ein Entgelt hierfür zahlten die Gesellschafter
nicht an die Klägerin. Das Batteriespeichersystem diene damit nicht
der Erzielung von Einnahmen und werde mithin nicht für Zwecke der
besteuerten Umsätze der Klägerin verwendet.
Der Vorsteuerabzug richte sich nicht nach der Verwendung der
Photovoltaikanlage, da das Batteriespeichersystem nicht Bestandteil
der Photovoltaikanlage geworden sei. Der Stromspeicher gehöre nicht
zu den für den Betrieb einer Photovoltaik-Anlage wesentlichen
Komponenten, da ein Stromspeicher nicht der Produktion von
Solarstrom diene. Insbesondere sei die Installation eines
Batteriespeichersystems keine unabdingbare Voraussetzung für die
Einspeisung des in der Photovoltaikanlage produzierten Stroms in das
Netz des Strombetreibers.
Zwar sei in § 9 Absatz 1 und 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz ein so
genanntes Einspeisemanagement vorgesehen. Letztlich erfordere dies
jedoch nicht die Installation von Stromspeichern, sondern lediglich
eine Abregelungsmöglichkeit der Stromeinspeisung ins Netz zum
Beispiel mit Hilfe so genannter parametrisierter
Funkrundsteuerempfänger. Eine entsprechende Abregelungsanlage
habe die Klägerin auch übergangsweise installiert, so das FG.
Die eigenständige Beurteilung des Stromspeichers im Hinblick auf den
Vorsteuerabzug erfolge unabhängig davon, ob das
Batteriespeichersystem zugleich oder nachträglich mit der
Photovoltaikanlage angeschafft beziehungsweise in Betrieb
genommen worden sei. Gründe, die eine Differenzierung nach dem
Anschaffungs- beziehungsweise Inbetriebnahmezeitpunkt
rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. Die zwischen den
Beteiligten streitige Frage, ob ein langgestreckter Bauabschnitt oder
eine zeitlich gestaffelte Lieferung beziehungsweise Inbetriebnahme
vorliege, könne daher ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob die
Klägerin die zeitlichen Abläufe zu vertreten habe.
Das FG sei nicht an die in der Verfügung der Oberfinanzdirektion
Karlsruhe vom 31.01.2017 und in der vom Bayerischen Landesamt
für Steuern herausgegebene „Hilfe zu Photovoltaikanlagen“
vertretenen Auffassungen gebunden. Norminterpretierende
Verwaltungsanweisungen, die die gleichmäßige Auslegung und
Anwendung des Rechts sichern sollen, könnten im Allgemeinen
weder eine einer Rechtsnorm vergleichbare Bindung aller
Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu
und Glauben herbeiführen. Eine von den Gerichten zu beachtende
Selbstbindung der Verwaltung bestehe lediglich ausnahmsweise in
dem Bereich der ihr vom Gesetz eingeräumten
Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit
(zum Beispiel bei Änderung der Rechtsprechung) und der Typisierung
oder Pauschalierung.
Ob die Verwaltungsanweisungen aufgrund Artikel 3 Absatz 1
Grundgesetz gegebenenfalls im Rahmen einer nach § 163
Abgabenordnung (AO) oder § 227 AO zu treffenden
Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen wären, könne das FG im
vorliegenden Verfahren nicht prüfen, da Streitgegenstand lediglich
die Umsatzsteuerfestsetzung für 2017 sei.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2020, 12 K
418/18, rechtskräftig